Marika Hackman, Artheather Köln, 14.04.2024 „Tanzbare Therapiestunde“

Text: Thomas Höhner / Fotos: Thomas Tautz

 Obwohl ihr Name für mich leicht nordisch klingt, kommt Marika Hackman aus England. Sie veröffentlicht seit über zehn Jahren Musik, hat es auf bisher fünf Alben gebracht und gerade eine schwere Zeit hinter sich. Während sich ihr Album „Any Human Friend“ (2019) noch eher um unbeschwerte vor allem sexuelle Selbstverwirklichung drehte, verarbeitet sie mit ihrem neuen Album „Big Sigh“(2024) ihre persönliche Situation in der Pandemie . Sie litt in dieser Zeit unter Angststörungen und Schreibblockaden. Die Produktion des neuen Albums half ihr dabei, diese Probleme zu überwinden und wieder in die Spur zu kommen. Schaut man sich die Rezensionen zum neuen Album an, dann scheint das gelungen zu sein. So beschreibt etwa der Musik Express „Big Sigh“ als ein „No Bullshit-Singer/Songwriter-Großwerk“. Ihre Tour zunächst durch Europa führt sie heute in das schöne und ausverkaufte Artheather nach Köln-Ehrenfeld.

 

Eröffnet wurde die Show durch Gia Ford (aka Molly McCormick), die heute nur vom Gitarristen ihrer Band begleitet wird. Während die von ihr veröffentlichten Studio-Aufnahmen an die US- Pop/Rocksongs aus den 80er-Jahren, teilweise in leichtem Tarantino-Style, erinnern, wirken die heute präsentierten, eher reduzierten akustischen Versionen authentisch und intensiv. Ihre Geschichten berichten von den Rändern unserer Gesellschaft, sie singt von weiblicher Wut und Unterdrückung. Ein gelungener Start in den Abend, wobei mir besonders der Opener „Poolside“ und „Alligator“ gefallen, beide von ihrer gerade erschienenen EP „Loveshot“.

 

Nach intensiver Umbaupause geht es dann pünktlich um 21 Uhr los. Zunächst wird vom Band „The Ground“, das einleitende Stück von „Big Sigh“ eingespielt, während gleichzeitig Marika Hackman mit Schlagzeugerin, Bassistin und ihrem Gitarristen die Bühne betreten. Es geht, wie auf dem Album, mit „No Caffeine“ weiter. Der Song beschreibt Rituale und Vermeidungsstrategien während der ihrer persönlichen Krise. Der groovende Rhythmus lässt das überwiegend weibliche Publikum sofort mittanzen. Ein starker Beginn der Show, der geprägt ist von Stücken des neuen Albums wie dem Titelstück „Big Sigh“ und „Hanging“. Die Stücke kommen noch dichter und intensiver rüber als auf dem Album. Im Mittelteil der Show spielt sie dann nur mit ihrer hellblauen elektrischen Gitarre drei Solo-Stücke: Sie startet mit „Claude’s Girl“ (von „We slept at last“, 2015), gefolgt von „Cigarrette“ (von „I’m not your Man“, 2017), bevor sie „ihr Liebligslied“, nämlich „Between the Bars“ von Elliott Smith covert. Man spürt ihre tiefe Beziehung zu diesem Song. Für mich einer der Höhepunkte der Show. Es folgen mit „Continental Ride und „Hand Solo“ noch zwei Stücke vom Album „Any Human Friend“ (2019), bevor sie das Set mit „Boyfriend“ (von „I’m not your Man“) beendet. Da sie, wie sie humorvolll anmerkt, aufgrund der Begeisterung des Publikums sicher von einem Wunsch nach Zugaben ausgeht, werden diese sofort im Anschluss geliefert. Die Bühne ist fast vollständig in gelbes Licht gehüllt, als die Show mit dem wundervoll traurigen „The Yellow Mile“ und als letztem Stück „Any Human Friend“ zu Ende geht.

 

Es scheint, als hätte die therapeutische Wirkung der Musik nicht nur bei der Musikerin, sondern auch beim Publikum gewirkt. Eine gelungene und erfolgreiche Musiktherapie!

Thomas Höhner

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