Jon and Roy, Köln, Stadtgarten, 18.04.2024 „Masters of Groove“

Jon Middleton und Roy Vizer aus Vancouver machen seit fast 20 Jahren zusammen relaxten Folk. Daneben ist John zusammen mit seiner Partnerin Sierra Lundy unter dem Namen „Ocie Elliott“ erfolgreich unterwegs. Letztes Jahr waren die beiden noch an gleicher Stelle aufgetreten. Im Mai spielen sie ganz in der Nähe im Gloria. Ich hatte also heute entspannten Folk mit Holzfällerhemden erwartet. Und wurde überrascht. Im positiven Sinne! Es sollte ein wirkliches nachhaltiges Konzertereignis werden. Doch der Reihe nach:

 

Um Punkt 20:00 Uhr erscheinen zwei junge Australier, Tom und Nath, auf der Bühne. Sie stammen aus Margaret River, einem kleinen Surferort in Western Australia und nennen sich „Salt Tree“. Wenn man halbwegs professionell Musik machen will, muss man aus dieser wunderschönen Einöde auf in die weite Welt. Es verschlug die beiden nach Österreich und in die Schweiz, wo sie das Surfboard gegen das Snowboard tauschten und nebenbei Straßenmusik machten. Das klappte offenbar so gut, dass sie mittlerweile auf die Streaming-Plattformen viele Follower gesammelt haben und schon eine Vielzahl von Songs einspielten. Die Stücke, die sie heute präsentieren, handeln von gescheiterten Beziehungen („She’s the one“, 2020) und davon, wie Trauer und depressive Stimmung am besten mit einem Sonnenuntergang am australischen Strand bekämpft werden („Out of the Water“, 2021). Das Publikum haben sie auch wegen ihrer Erfahrung aus der Straßenmusik schnell im Griff. Ihre Songs sind auch sehr eingängig und laden zum Mitsingen ein. Nach 45 Minuten lassen sie ein positiv eingestimmtes Publikum zurück.

 

Jon und Roy betreten mit dem Bassisten Louis Sedava die Bühne. Der erste Teil des Sets ist auch erwartet entspannt. Sie starten mit „Runner“ vom Album „The Road ahead is golden“. Der Sound ihrer Musik ist wirklich speziell. Das nur leicht verzerrte Gitarrenspiel, der traurige Gesang, der swingende Bass und die oft nur mit einem Schlagzeugbesen bespielten Drums lassen direkt eine wohlige Stimmung aufkommen. Ich sehe, wie sich die Körper vor mir im Takt des Stücks mitbewegen. Irgendwie kann man nicht ruhig bleiben. So geht das auch bei den nächsten Stücken. Plötzlich betritt ihr vierter Mann die Bühne, ausgestattet mit einer stattlichen Posaune. Er führt mit der Posaune im Arm zunächst nur rhythmische Tanzbewegungen aus. Ich muss schmunzeln. Er selbst scheint beseelt vom Rhythmus der Musik. Dann steigt er ein und spielt die Tonfolgen der Riffs mit der Posaune nach. Hierdurch erhalten die Songs einen ganz eigenen Drive. Stücke wie „Restore“ oder „Put your whole Heart in“ (beide vom neuen Album „Restore, 2024) werden hierdurch viel mächtiger als die Studio-Versionen. Die Begeisterung, mit der die Band ihre Songs spielt, wirkt ansteckend. Mein Highlight heute ist „Every Night“ vom Album „By my Side“ (2014). Das wunderbare Gitarren-Intro und die erste Strophe spielt Jon noch alleine, bevor der Bass und vor allem Roy Vizer einsteigen. Der Groove, den Roy hierbei unter den Song legt, ist beeindruckend. Diese Art des Spiels erinnert mich an den glorreichen John Convertino (von Calexico), der es auch schafft, einem Song (z.B. „Quattro“ von „Feast of Wire“) nur mit seinem Schlagzeugspiel einen ganz besonderen Kick zu geben. Wir hören noch einige schöne Songs aus ihrem großen Repertoire auch mit schönen Reggae- und Ska-

Elementen. Hierbei scheint der Mann an der Posaune spontan zu entscheiden, bei welchem Song er teilnehmen möchte. Das alles wirkt herrlich spontan. Als Zugabe gibt es dann noch ihr einziges Cover: „54-60 was my Number“ von Toots & the Maytals.

 

Ein gelungenes Finale. Wir gehen immer noch leicht groovend zur Bahn.

 

Thomas Höhner

Fotos: Thomas Tautz

Jon and Roy

Salt Tree